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Einmal Beirut und zurück Libanon

Einmal Beirut und zurück

Irgendjemand hat Beirut einmal das „Paris des Nahen Ostens“ genannt, was mit der Einführung einer eigenen fashion week aus den 1960er Jahren zusammenhing. Westliche Modemarken hatten durch die Kollektions-Schauen in Beirut so den Kontakt in den Nahen Osten bekommen. Auch das legendäre Partyleben hatte sich in den vergangenen 15 Jahren bis nach London oder Athen herumgesprochen. Man hatte seine Erwartungen an diese Stadt. Doch nach den politischen Erschütterungen in 2025 war da auch dieses mulmige Gefühl.

Als sich mir die Gelegenheit bot, dorthin zu reisen, war ich unsicher. Ich rief libanesische Freunde an. „Fahr hin, es ist absolut sicher!“, sagten sie. Und dann, fast gleichzeitig: „Aber natürlich … man weiß nie.“ Es war wohl die ehrlichste Einführung in diese Stadt.

Ich entschied mich für einen Besuch.

Pretty Hotels: Einmal Beirut und zurück (Bild 4)
Streets of Beirut

Wer zum ersten Mal in Beirut landet, sollte sich vom Verkehr nicht abschrecken lassen. Er folgt keiner klaren Regel. Er stockt, beschleunigt, formt immer neue Muster. Auf dem Weg ins Zentrum spüre ich eine Energie, die mir als Griechin durchaus vertraut ist – ein freundliches, ungezähmtes, fast poetisches Chaos. Es entsteht aus komplett gegensätzlichen Baustilen und einem Wirrwarr elektrischer Leitungen.

Kriege, Erdbeben, Katastrophen, Konflikte und Feuer haben Beirut in über 5.000 Jahren Geschichte immer wieder zerstört. Trotzdem ist die Stadt am Leben geblieben, die Bewohner lieben sie und sie ist weiterhin das kulturelle Zentrum des östlichen Mittelmeers.

In Gemmayzeh, dem Bohème-Viertel, werde ich abgesetzt. Hinter einer unscheinbaren Tür liegt die Unterkunft: Sie heißt Beit Tamanna. Zwischen Art-Déco-Spuren und Kolonialfassaden steigt man die Treppen hinauf. Das Gästehaus ist schlicht, bunt, hat einen eigenen Charme. Und die Betreiber engagieren sich sehr sozial. Es hat nur acht Zimmer, jedes von einem Designer oder Architekten gestiftet. Alle Einnahmen dieses Hotels gehen an wohltätige Projekte. Es fühlt sich richtig an, an einem Ort zu wohnen, der Geben in den Mittelpunkt stellt. In einem Land, das gemeinschaftliche Fürsorge verinnerlicht hat.

Nach einem üppigen Frühstück mit Markouk und Labneh gehe ich zu Fuß in die Innenstadt, die auch „Beirut Central District – BCD“ genannt wird. Die Stadt zeigt sich in Schichten. Viertel für Viertel verändert sich die Stimmung. Besonders die religiösen Nachbarschaften faszinieren einen: Kirchen, Moscheen und kleine Schreine stehen hier dicht beieinander. In Gemmayzeh findet man Vintage-Läden, bröckelnde Häuser, frisch gestrichene Cafés, Fitnessstudios, neue Matcha-Bars und Mini-Märkte, die gleichzeitig Geld wechseln. Ich lerne schnell: Mit Dollar kommt man weit. Lira braucht es kaum.

In Achrafieh, einem wirklich malerischen Viertel, spaziere ich an osmanischen Palästen vorbei. Sie ducken sich zwischen neue Bauten. Ich besuche das Atelier des Künstlers Hady Sy. Er ist in Beirut geboren, mit libanesischer Mutter und senegalesischem Vater. Sein Raum wirkt wie ein Tor zu jahrzehntelanger Auseinandersetzung mit Krieg, Kapitalismus und Menschlichkeit. Er sagt, Beirut sei der einzige Ort, an dem er seine großen Werke verwirklichen könne – wie das auf dem Märtyrerplatz.

Die Sonne ist kräftig, obwohl es Oktober ist. Im Sursock-Museum findet man Ruhe. Die ehemalige Villa zeigt heute wichtige Stimmen zeitgenössischer Kunst aus dem Nahen Osten.

Anschließend Mittagessen. Ich lande auf Empfehlung im Em Sherif Deli. Die Libanesische Küche ist reich, warm und ritualisiert. Jedes Gericht kommt mit Dips, Joghurt-Soßen, Kräutern und Brot. Ich probiere zum ersten Mal kibbeh nayeh – eine levantinische Version von Beef Tatar. Ein absolutes Erlebnis. Danach gibt es stilvollen Kaffee in der Lobby des Albergo Hotels.

Der Grund dieser Reise in diese 2.5 Millionen Einwohner Metropole hieß „We Design Beirut“. Ein Festival für Design, Architektur und Handwerk. Es gibt viel zu sehen. Doch mir wird schnell klar: Beirut ist ein organisiertes Chaos. Die Stadt kaschiert ihre Brüche nicht. Sie koexistiert mit ihnen. Man spürt das in den Ausstellungen und in den Arbeiten der kreativen Menschen, die historische Orte immer wieder mit neuen Gedanken füllen. Ich halte kurz bei den römischen Bädern und schaue mir mehrere Installationen im Stadtzentrum an.

Dann besuche ich ein offenes Haus: die legendäre Residenz des Architekten Bernard Khoury. Er ist in Architekturkreisen ein großer Name, die jüngeren kennen ihn, weil er den legendären Nachtclub BO18 kreiert hat. Sein brutalistisches Wohnzimmer in dunklen Tönen öffnet sich über hohe Glasflächen. Der Blick fällt auf eine fragmentierte Skyline. „Von oben“, sagt er, „sehen die Gebäude aus wie Menschen, die nicht miteinander reden.“ Man sollte diesen Satz zwei mal lesen.

Pretty Hotels: Einmal Beirut und zurück (Bild 13)
Sporting Beach Club

Doch Beirut ist auch die Stadt am Wasser, ein südliches Tor zum Mittelmeer. Das will man sehen und erleben. Städte am Meer haben immer eine andere Energie und Patina als solche, die im Landesinneren liegen. Ich lebe seit einigen Jahren wieder in Athen, wir suchen immer den Weg zum Wasser.

Ein Taxi chauffiert mich zum Sporting Beach Club. Kleiner Exkurs: Die Bewohner Beiruts orientieren sich eher an Geschäften oder Kreisverkehren, weil Straßennamen und Hausnummern immer unzuverlässig waren. Wenn man ein Taxi ruft, beschreibt man also eher die Gegend und die Gebäude.

Wer keine Zeit hat, nach Byblos oder in die malerischen nördlichen Berge zu fahren, findet im Sporting Beach Club eine gute Alternative. Der Club aus den 1950ern besitzt einen vergessenen Charme. Menschen genießen hier die letzten warmen Tage dieses sehr ereignisreichen Sommers. Ich nehme ein Bier, dazu frittierte Byrizi (Kartoffeln, innen weich, außen knusprig gebraten, mit Koriander und Salz), und lasse mich auf einer Liege nieder. Vor mir stehen die Raouché Rocks, die beiden bekannten Kalksteinfelsen im Wasser. Zeitlos. Hinter ihnen wachsen gläserne Türme in die Höhe.

Als die Nacht kommt, gehe ich zu Fuß nach Hause. Die lange Promenade am Wasser wird zu einem ruhigen Beobachten: Menschen aller Altersgruppen, jeder Rhythmus anders. Müde, aber zufrieden erreiche ich Saifi Village. Dort führen Freunde das elegante Bistro Villa Clara, gestaltet von Olivier Gougeon und Marie-Hélène. Die beiden besitzen auch eine kleine Villa auf Leros, wo man unvergessliche Sommertage verbringen kann – sie werden auch bald ein Mitglied von Pretty Hôtels sein. Das Bistro muss man einmal gesehen haben. Die Stimmung: unaufgeregt. Als wäre nichts gewesen. Vielleicht ist der Umgang mit einer Krise wie die im Sommer für Libanesen anders, weil Beirut eigentlich nie zur Ruhe kam.

Bevor ich schlafen gehe, mache ich noch Halt im Dragonfly – für einen „doudou“-Shot. Es gehört hier irgendwie dazu.

Am letzten Tag dieses Trips folge ich dem Duft von Kräutern und Zitrus nach Souk el Tayeb, dem Wochenmarkt in Mar Mikhael. Kleine Produzenten bieten dort Bio-Produkte an, manakish, Feigen in za’atar und hausgemachtes sharbet ward – ein Rosenwassergetränk.

Im Hafenviertel Marfa’ Contemporary erlebe ich noch einmal den Puls der Beiruter Kunstszene. Die Sfeir-Semler Gallery zeigt große Namen der Gegenwartskunst. Auf dem Rückweg denke ich daran, wie Kultur hier aus Widerstand entsteht – und wie schnell einem die Menschen des Libanons ans Herz wachsen.

Ein Highlight, das ich jedem empfehlen würde: Zur Cocktailstunde der Design Week geht es ins Immeuble de l’Union, ein modernistisches Gebäude im Wandel. Vom unfertigen obersten Stockwerk sieht man wunderschön die Sonne über der Stadt versinken. Schönheit und Härte liegen hier sehr eng beieinander, das spürt man sofort. Ein Neonzeichen flackert über einem Hochhaus: LIBERTY TOWER. Ein paradoxes Versprechen, passend zu einer Stadt, die zwischen Abgrund und Licht hin und her torkelt.

Fotos & Text: ©_Eftihia.

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